Landgericht Potsdam Urteil vom 05.04.2006 Geschäftszeichen 7 S 93/05
Vorinstanz Amtsgericht Brandenburg an der Havel Urteil vom 10.06.2005 Aktenzeichen 37 (35) C 89/04
Bauunternehmer haftet bei Beschädigung von Versorgungsleitungen im unterirdischen Rohrvortrieb
Ein von uns vertretener kommunaler Aufgabenträger im Bereich der Wasserversorgung hat vor dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel ein Bauunternehmen auf Schadensersatz in Anspruch genommen, welches bei Tiefbauarbeiten zur Verlegung einer Rohrleitung im unterirdischen Rohrvortrieb eine die Leitungstrasse kreuzende Hausanschlussleitung beschädigt hatte. Der klagende Aufgabenträger konnte vor dem Amtsgericht darlegen, dass der entsprechende Havariefall durch Wasseraustritt aus einem gepflasterten Gehwegbereich bemerkt und dem zuständigen Diensthabenden des Aufgabenträgers gemeldet wurde. Dieser hat dann sofort entsprechende Maßnahmen zur Behebung des Schadens veranlasst und dem Gericht konnte dargelegt werden, dass der die Havarie beseitigende bzw. die Reparatur ausführende Baubetrieb durch die konkreten Mitarbeiter bemerkt hatte, dass nur die Baumaßnahme des unterirdischen Rohrvortriebs, welche das kreuzende Hausanschlussrohr fast getroffen hatte, ursächlich sein konnte für die Leitungsbeschädigung.
Die Gegenseite, namentlich das den Schaden verursachende Bauunternehmen hatte dahingehend argumentiert, dass die Maßnahmen im unterirdischen Rohrvortrieb am Schadenstage noch überhaupt nicht soweit gediehen waren und daher der Schaden nicht durch diese Maßnahmen entstanden sein konnte. Zudem habe man Suchschachtungen vorgenommen und hierbei waren Vorsichtsmaßnahmen ergriffen worden, sodass eine Beschädigung der Leitung nicht eingetreten sein konnte.
Beide Seiten hatten jeweils Zeugenbeweis für ihre Behauptungen angeboten und das Amtsgericht hatte eine Beweisaufnahme durchgeführt und die benannten Zeugen gehört. Danach bestätigte sich für den klagenden Aufgabenträger, dass der Schaden ordnungsgemäß gemeldet und sodann die entsprechenden Havariebeseitigungsmaßnahmen durchgeführt worden sind und der konkret die Reparatur ausführende Mitarbeiter der Tiefbaufirma, welche zur Reparatur beauftragt wurde, konnte bestätigen, dass er bei der Beseitigung der Havarie das den Schaden verursachende Rohr direkt an der Schadensstelle angetroffen hat.
Andere Zeugen, die dem Lager des beklagten Bauunternehmens zuzuordnen waren, sagten allerdings aus, dass an dieser Schadensstelle überhaupt nicht gearbeitet worden sei und zudem wären auch Beschädigungen überhaupt nicht aufgetreten.
Das Amtsgericht hat daraufhin die Klage abgewiesen und damit dem Aufgabenträger den berechtigten Schadensersatzanspruch nicht zuerkannt.
Die hiergegen gerichtete Berufung vor dem Landgericht Potsdam war allerdings dann erfolgreich.
Das Landgericht führte aus, dass der klagende Aufgabenträger die für die Beseitigung des Rohrschadens aufgewendeten Kosten gem. §§ 823, 249 BGB von der beklagten Firma verlangen kann, da das Landgericht davon überzeugt war, dass die Mitarbeiter des beklagten Unternehmens bei unsorgfältig durchgeführten Erdarbeiten eine Hausanschlussleitung beschädigt haben. Der Umstand, dass erst am Folgetag der Austritt erheblicher Wassermengen aus dem Erdreich bemerkt wurde und erst dann die Reparatur ausgelöst wurde, steht dem aus Sicht des Landgerichts nicht entgegen.
Das Landgericht bestätigte dabei die Auffassung der von hier vertretenen Seite, dass auf die Grundsätze des sogenannten Anscheinsbeweises zu verweisen ist, bei deren Anwendung sich aus den Grabungsarbeiten ein Anschein dahingehend ergibt, dass der Schaden durch die von der beklagten Baufirma zu verantwortenden Arbeiten an der Leitung ausgelöst worden ist. Aus Sicht des Landgerichts bedarf es für diese Feststellung nicht einmal der Aufklärung, ob es sich um die vom klagenden Aufgabenträger vorgetragenen Rohrarbeiten oder aber nur um die von der Beklagtenseite selbst zugestandenen Suchschachtungen gehandelt hat, da jedenfalls jedwede andere plausible Erklärung dafür fehlt, warum ein Rohrschaden genau dort auftritt, wo wenige Stunden zuvor das Erdreich aufgebohrt oder aufgegraben wurde. Keiner der erstinstanzlich vernommenen Zeugen hat etwa die Leitungen als marode geschildert oder sonstige Umstände mitgeteilt, aus denen sich ein von den äußeren Einwirkungen unabhängiges Brechen oder Reißen der Leitung erklären ließe.
Das beklagte Bauunternehmen wurde mithin zum Schadensersatz verurteilt und hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Die gerichtliche Entscheidung ist rechtskräftig.