Überraschend konsequent - Widerrufsrecht bei Werkverträgen mit Verbrauchern
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.08.2018, VII ZR 243/17
In seiner bereits über 2 Jahre zurückliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof wesentliche Grundsätze dazu zusammengefasst, wann bei einem Werkvertrag ein Widerrufsrecht besteht und welche Konsequenzen sich insbesondere für Unternehmer bei einer fehlenden Widerrufsbelehrung ergeben können. Der Fall: Bei einem Hausbesuch eines Vertreters eines Unternehmens schloss ein Verbraucher über den Einbau eines Fahrstuhls an der Hausfassade einen entsprechenden Werkvertrag ab und zahlte an das Unternehmen einen vereinbarten Vorschuss. Noch bevor allerdings der Unternehmer richtig loslegen konnte, erklärte der Verbraucher, dass er kein Interesse mehr an dem Projekt habe. Der Unternehmer schickte dem Verbraucher daraufhin seine Rechnung, weil er von der Kündigung des Vertrages ausging. Daraufhin erklärte der Verbraucher den Widerruf vom Vertrag und forderte auch den bereits geleisteten Vorschuss zurück. Weil sich der Unternehmer weigerte, klagte der Verbraucher auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung und letztlich gab der Bundesgerichtshof dem Verbraucher Recht. Der Bundesgerichtshof bestätigte dabei, dass der Verbraucher wirksam vom gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen konnte und dass der Vertrag widerrufbar war, weil er außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen worden war.
Dabei könne der Verbraucher auch innerhalb der Widerrufsfrist frei wählen, ob er das Widerrufsrecht geltend macht, wobei das Widerrufsrecht auch dann noch ausgeübt werden kann, wenn der Verbraucher zunächst bereits den Werkvertrag gekündigt hatte. Die klare Konsequenz ist verblüffend: Wenn der Unternehmer den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht oder nicht vollständig unterrichtet hat, steht dem Unternehmer nach wirksamem Widerruf des Werkvertrages kein Wertersatzanspruch für bis zum Widerruf erbrachte Leistungen zu. Mehr noch, der Unternehmer muss an den Verbraucher sogar von diesem bereits geleistete Zahlungen zurückerstatten. Die sonst übliche 14-tägige Widerrufsfrist, die grundsätzlich erst mit dem Vertragsschluss beginnt, erweitert sich dann um 12 Monate auf 12 Monate und 14 Tage, wenn der Unternehmer den Besteller/Verbraucher nicht über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechtes unterrichtet hat. Der BGH verweist in der Entscheidung selbst auf die erheblichen praktischen Auswirkungen, weil gerade Werkverträge etwa für Bauleistungen sehr oft außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden. Dies gilt etwa dann, wenn der Verbraucher/Besteller den Unternehmer zu den Vertragsverhandlungen direkt zu sich nach Hause bestellt hat, weil die konkrete Örtlichkeit etwa zur Abgabe eines Angebotes besichtigt werden muss. Es ist auch denkbar, dass die Kontakte zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer nur per E-Mail erfolgten.
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging dieser zunächst davon aus, dass der Besteller Verbraucher war, dass der Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossen wurde und dem Verbraucher somit ein Widerrufsrecht zustand und dass der Unternehmer den Verbraucher nicht hinreichend über das Widerrufsrecht belehrt hat. Der BGH hat auch eingeschätzt, dass der vereinbarte Anbau eines Fahrstuhles an der Außenfassade als Werkvertrag zu sehen war. Somit konnte der Verbraucher auch nach der sonst geltenden 14-Tagefrist sein Widerrufsrecht mit der Folge ausüben, dass der Unternehmer nicht nur für seine bisherige Tätigkeit vollständig leer ausgeht. Vielmehr musste der Unternehmer auch den erhaltenen Vorschuss an den Verbraucher zurückerstatten. In der Folge ist der Unternehmer sehr gut beraten, bei Verträgen mit Verbrauchern, die außerhalb seiner Geschäftsräume abgeschlossen werden, den Verbraucher klar über sein Widerrufsrecht zu informieren und dies auch entsprechend zu dokumentieren. Oftmals ist es auch der Wunsch des Verbrauchers/Bestellers, dass der Unternehmer vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist mit der Ausführung der Arbeiten beginnt. Handelt es sich um einen Vertrag, der außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurde, dann muss der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich dazu aufgefordert haben, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Arbeiten schon vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und dieses Verlangen muss auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt worden sein. Auch hier muss aber zuvor der Unternehmern über diese Zusammenhänge ordnungsgemäß belehrt haben.