Der Schweinestall auf der Grundstücksgrenze - Eigentumszuordnung zum Stammgrundstück
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23.03.2023, 5 U 126/22
Die Eltern des Mandanten hatten vor Jahren von der Treuhandanstalt ein Grundstück erworben. Auf dem hinteren Grundstücksteil über die Grenze zum Nachbargrundstück hinweg befindet sich ein ehemaliger Schweinestall. Die Mittelwand des Stalls sollte auf der Grundstücksgrenze aufstehen, also je eine Hälfte sollte sich auf den benachbarten Grundstücken befinden. Die Mandanten hatten das Grundstück der Eltern übernommen und wollten ein Eigenheim darauf errichten, wozu die auf ihrem Grundstück aufstehende Hälfte des Stalls abgerissen werden sollte. Der Bauantrag wurde erarbeitet und dazu ein amtlicher Lageplan erstellt. Dann die Überraschung: Der Stall stand nicht mittig auf der Grenze, sondern zu zwei Dritteln auf dem Grundstück der Mandanten. Auch weigerte sich die Nachbarin, dem Teilabriss zuzustimmen. Der Grund war einfach: Die Eigentümerin des Nachbargrundstückes nutzte den „eigenen“ Teil des Stalls bis zur Mittelwand und vermietete damit auch einen Teil des Grundstückes der Mandanten an Dritte. Diese Einnahmen wollte die Nachbarin nicht aufgeben.
Da eine außergerichtliche Einigung scheiterte, erfolgte die Klageerhebung zum Amtsgericht Nauen, welches nach Klageerweiterung den Rechtsstreit an das Landgericht Potsdam abgab. Die Mandanten begehrten die Feststellung, Eigentümer des gesamten Stallgebäudes zu sein. Zudem beanspruchten die Kläger den Ertrag, den die Nachbarin durch die Vermietung des Grundstücksteils der Kläger erlangt hatte.
Das Landgericht beauftragte einen Sachverständigen, der zwar bestätigte, dass der Stall zu zwei Dritteln auf dem Grundstück der Kläger stand. Er konnte aber dennoch kein Stammgrundstück erkennen. Das Landgericht schloss sich dem an und konnte auch den bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht erkennen. Allenfalls eine Art „Überbaurente“ sollten die Kläger verlangen können.
Die Berufung klärte den Fall im Sinne der Mandanten. Das Brandenburgische Oberlandesgericht ordnete das Stallgebäude insgesamt dem Grundstück der Kläger zu. Das Landgericht habe die Frage, ob ein Stammgrundstück besteht, dem der Stall zuzuordnen war, nicht einem Sachverständigen überlassen dürfen. Auch die räumliche und funktionelle Zuordnung des Gebäudes habe zu Gunsten der Kläger zu erfolgen. Schlussendlich wurde die Nachbarin auch zur Zahlung der beantragten Nutzungsentschädigung verurteilt.